von Steffen Hilger

…da war doch noch ein Projekt auf einer Mittelmeerinsel, das ich mir letztes Mal zu spät angeschaut hatte.

Nun ist die Zeit gekommen, um hier wieder anzuknüpfen! Kaum in Palma gelandet und in den Mietwagen eingestiegen, ging‘s auch schon mit Pauline nach Tijuana zu genau der Route, die mich seit dem letzten Urlaub nicht mehr losgelassen hatte.
Immer wieder drehten sich die Gedanken im Kreis: “Kann ich diese Route, eine 8c denn wirklich schaffen? Eigentlich habe ich schon fast alle Züge raus. Aber was, wenn es doch nicht klappt?” Ich wusste nicht genau, mit welcher Einstellung an die Sache herangehen sollte. Ich entschloss mich diese Route als sauschwer anzusehen, damit ich sie ja nicht unterschätze und frustriert bin, falls das erneute Ausbouldern doch nicht so gut läuft wie erwartet. Im Nachhinein weiß ich, dass dies die richtige Einstellung war.

Schnell hatte ich alle Einzelzüge parat, doch der Weg zum Durchstieg war hart!
Ich flog immer am gleichen Zug raus. Nach einer sehr ausdauernden Wandkletterei an 20 Minileisten hintereinander wird es nämlich immer schwerer bis zum finalen Schlüsselzug. Es handelt sich hierbei um einen sehr ausgestreckten Zug von einer kleinen Zange weit rüber zu einer Seitleiste. Das Problem dabei ist vor allem der superschlechte Tritt, auf den man weder zu viel, noch zu wenig Druck geben darf, sonst bist du auch schon weg.

2015_Perestroika_SteffenHilger_Mallorca

2015_Perestroika_SteffenHilger_Mallorca

Von fünf Tagen auf der Urlaubsinsel waren drei für die 8c eingeplant. An den “Erholungstagen” dazwischen sind wir in andere Gebiete gefahren, um meine Haut auf den Fingerkuppen zu schonen. Ich sag‘s euch, sechs Versuche am Tag an ausschließlich kleinsten scharfen Leisten tun weh! So kletterte ich lieber vier 7bs an etwas größeren Griffen im Onsight.

Dann wurde es aber langsam knapp, denn der Abreisetag war angebrochen. Ich rechnete schon meine verbleibenden Versuche aus und wurde immer nervöser. Zwei Versuche hatte ich schon wieder an der Crux versemmelt und die Sonne brannte unermüdlich in die Südwand…
“Wenn der Schatten rein kommt, habe ich nur noch zwei Versuche übrig bis der Flieger geht”, dachte ich mir. “Wieso haut es denn nicht hin??? Nehm ich den anderen Tritt, brauche ich mehr Spannung. Nehm ich diesen, wird‘s richtig weit…”

Ich brauchte noch einmal Abstand von der Tour und lief die steinige Küste entlang. Nach einer langen Pause legte ich noch mal los, als die Aufregung am größten war. Ich kletterte in die Schlüsselstelle hinein und irgendwie hatte ich genau jetzt eine Sekunde mehr Zeit, um mich für den richtigen Tritt zu entscheiden. Plötzlich hatte ich die nächste Leiste in der Hand und dann ließ ich nicht mehr los! Hoch konzentriert kletterte ich noch die Ausstiegsplatte bis zum Topgriff hinauf und legte das Seil in die Umlenkung.
Jetzt löste sich die ganze Anspannung, die mich die letzten Tage erdrückt hatte und die ständigen Gedanken an die Schlüsselstelle verschwanden. Ich konnte gar nichts sagen.

Ich hatte es endlich geschafft! “Perestroika”, meine erste 8c. 10+/11-. Nach 3 Jahren und elf Versuchen der Einstieg in den elften Grad! Nach Jaume Melis und Eneko Pou war das wohl die dritte Begehung der schwersten Route Mallorcas in diesem Style.

Super Moment – Super Tour – Super Urlaub!!!